Google – Top Executive Management Tour Palo Alto

Ein Erfahrungsbericht

Eine Einladung von Google nach San Francisco und Palo Alto. Ein Einblick in eines der bedeutendsten und wertvollsten Unternehmen unserer Zeit – mit einem „line-up der Chefetage“. Antworten auf den viel besagten digitalen Wandel.

Diese Gelegenheit galt es am Schopf zu packen. Und so reiste ich samt meiner 5 Monate alten Tochter an die Westküste. Ein langer Flug, eine grosse Zeitdifferenz – die Investition lohnte sich. Und dies obwohl sich mir Amerika mit einer Doppelmoral präsentierte.

CO2 Reduktion in aller Munde. Selbstfahrende Autos als Antwort für mehr Sicherheit auf der Strasse. Auf den Strassen selbst finden sich jedoch unzählige und grosse PickUps sowie noch grössere Parkplätze vor jedem Gebäude. Öffentlicher Verkehr findet kaum statt. Am reichhaltigen Brunch-Buffet für uns Top Excecutives werden die strahlend schönen Äpfel – jeder gleich aussehend, kein Hick, kein Fehler – als «vegan» bezeichnet. Palo Alto als eine der wohl teuersten Wohngegenden liegt unweit vom Stadtzentrum von San Francisco. In der Hafenstadt mit der Golden Gate Bridge leben zurzeit so viele Obdachlose wie nie zuvor.

Bereits die ersten Präsentationen beantworten mir jedoch, warum Amerika und «Silicon Valley» vieles unserer Zeit verstehen und die Firmen, die Persönlichkeiten dahinter, dadurch noch mehr in der Welt bewegen können.

Drei für mich essenzielle Bestandteile sind das Verständnis exponentiellen Wachstums & die Offenheit für den Wandel, der personalisierte Service & die emotionale Kommunikation sowie die neue Art von Leadership & qualitativer Messung.

Pascal Finette (Chair of Singularity University for Entrepreneurship & Open Innovation) erklärt, warum wir uns alle mit dem Wandel schwertun. Unser Hirn arbeitet linear. Unser Leben verläuft linear. Digitalisierung hingegen lässt die Dinge exponentiell entwickeln. Dies zu begreifen ist nicht einfach. Denn erst verläuft die Entwicklungskurve noch schrittweise, sukzessiv. Dann plötzlich: Wir schauen den Quantensprüngen ungläubig zu. Als Beispiel: 1999 kostete eine DNA Analyse noch 2.7 Milliarden USD. Heute kostet das Entschlüsseln unsere Genome gerade noch 270 USD. Die Leistung Artifizieller Intelligenz (AI) hat sich über die letzten sechs Jahre 300’000-fach weiterentwickelt.

Der Wandel ist Tatsache. Hier fragt sich keiner mehr, was sich noch ändern wird. Sondern, was sich nicht verändern wird. Wir gehen nicht online – wir sind online. Die Begegnungen und Referate machen dies deutlich. Dem Umgang mit dem Ungewissen wird mit einer grossen Offenheit begegnet. Ich spüre GRIT. Eine psychologische Eigenschaft, einen Charakterzug, der Beharrlichkeit und Leidenschaft im Umgang mit Langzeitzielen voraussagt. Angela Duckworth hat diesen Wesenszug erforscht. Persönlichkeiten mit einer hohen Ausprägung an GRIT behalten ihre Motivation und ihre Entschlossenheit hoch – auch wenn auf dem Weg zum Ziel mit Rückschlägen und Fehlern umgegangen werden muss. Und genau diese Eigenschaft fehlt uns in Europa wohl ab und an.

In einer Welt des Wohlstands und des Überflusses, in einer Welt von «ständig» und von «immer zugänglich», ist am wertvollsten das Rare, das Einzigartige. So wird in der heutigen Zeit die Marke und Reputation noch wertvoller, die persönliche Begegnung entscheidend, das Erlebnis ein «must» und das Personalisierbare erforderlich.

Avinash Kaushik (Indischer Unternehmer und Spezialist in Datenanalyse) bringt es auf den Punkt. Millionen von Geldern und Marketingbudgets werden in die Analyse von demographischen Daten oder lästigen Umfragen investiert. Falsch. Dank Datenanalysen ist es heute möglich, die Absicht eines Konsumenten via gezeigtem Verhalten zu erforschen. Und das ist der Schlüssel zum Erfolg: Menschen verstehen. Er appelliert: Schaut genau hin und investiert in Persönlichkeiten im Unternehmen, die versiert sind in Artifizieller Intelligenz sowie in «Machine Learning» (ML). 5% der Belegschaft sollen «Machine Learning» beherrschen. 25% der Unternehmensfunktionen sollen durch maschinelles Lernen unterstützt werden. Und 50% der digitalen Analysen sollen durch ML erfolgen.

Der Mensch, die Kunden sind heute – dank der digitalen Möglichkeiten – neugieriger, anspruchsvoller und ungeduldiger. Personalisierter Service ist ein Schlüsselfaktor, um nachhaltig Visibilität zu erhalten. Und dieser Service kann dank der digitalen Verhaltensanalyse um ein Mehrfaches optimiert werden. Zugänglichkeit (Amazon), Bequemlichkeit (Apple Store) und Kuration (Spotify) entscheiden heute über den Erfolg von morgen.

Will man gehört werden, ein Publikum von sich überzeugen, ist die emotionale Kommunikation entscheidend. Keiner der Top-Speakers unterliess es, seine persönliche Geschichte einzuflechten – egal ob über komplexe Themen wie Blockchain oder neuartige Medizin vorgetragen wurde. Jede Persönlichkeit eröffnete die eigene Präsentation mit einem Bezug zu seiner einzigartigen Geschichte. Und jeder und jedem gelang es dadurch, die Zuhörer zu fesseln und die eigene Glaubwürdigkeit zu untermauern. Auch davon könnten wir uns – speziell in der Schweiz – noch ein «Stückchen abschneiden». Authentisch soll’s bleiben, aber ein kleines «Schmankerl» kann nie schaden.

Ruth Porat (CFO von Alphabet Inc., früher CFO Morgan Stanley) beeindruckte als eine der Leadership-Persönlichkeiten, denen ich in diesen Tagen begegnen durfte. Sie imponierte mir auch als Frau und mit ihrer Einstellung zum Leben.

Auf die Frage, welcher Ratschlag für sie der wichtigste blieb: Kommunikation. Du kannst nie zu viel kommunizieren. Wiederhole, wiederhole, wiederhole, was dir wichtig ist. Und nehme Kommunikation nie als Selbstverständnis – gerade in einer Zeit wie heute.

Sie erklärt auch, wie Führung bei Google verstanden wird. Eine transparente Kultur besteht nicht nur aus Worthülsen, sondern wird gelebt. Einmal wöchentlich stehen die Gründerväter Larry Page und Sergey Brin Rede und Antwort. Und sie erklären immer und immer wieder, was ihre Vision ist und warum. Der Executive Floor von Google ist vergleichsweise klein – keine grossen Einzelbüros mit «stunning views» sind Standard, sondern Begegnungszonen, weisse Wände, wo wichtige Diskussionen festgehalten werden können, sind Bestandteil der Einrichtung.

Jeder Google Mitarbeitende ist Shareholder. Jeder trägt somit direkte Verantwortung. Führung nach OKR wird als wichtigstes Instrument gesehen. «Objectives and Key Results (OKRs)» ist eine Management Methode, welche die Ziele des Unternehmens mit denen jedes einzelnen Mitarbeitenden verbindet und einen klaren Fokus für die nächsten drei Monate setzt. OKRs helfen dem Unternehmen: Klarheit über die wichtigsten Aufgaben im Unternehmen zu generieren, Transparenz zu schaffen, eine bessere Kommunikation einzuführen oder Vision, Mission sowie Strategie an eine kurzfristige, operative Planung anzuschliessen.

Eine kurze Stippvisite nur – und doch eine Reise, die mir aufzeigte, dass ich gerade auch für meine Tochter am Ball bleiben möchte. Authentizität leben. Weitere Türen aufstossen. Neugierig bleiben. Den Unterschied machen. Und Kommunikation mit meinen Kunden so umsetzen, dass sie weiterhin wahrhaftigen Mehrwert schafft. Auf geht’s, ins ganz eigene Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Denn es hängt an uns, ob wir den «Moonshot» wagen.

Pascal Finette
Ruth Porat
Philipp Schindler
Amin Toufani
Diane Green
Astro Teller